Theater Kleve
Presse zu Der Kontrabass (Spielzeit 2007/08)
NRZ vom 15. Oktober 2007

Liebeslied mit tiefen Tönen
Michael Schläger spielte Patrick Süskinds „Kontrabass“ im Klever XOX-Theater – beeindruckend.

von Andreas Daams

KLEVE. Er ist verbittert, vereinsamt, verliebt. Unglücklich verliebt natürlich – die Angebetete weiß noch nichts von ihrem Glück. Und ob sie je von dieser Leidenschaft erfahren wird, bleibt fraglich.
Der unglückliche Verliebte sitzt derweil in seiner schalldichten Wohnung und hadert mit seiner Existenz. Dabei wirkt er in seinem Berufsleben an etwas Großem mit, am Wahren, Schönen, Guten: ER ist Kontrabassist im Staatsorchester. Will heißen: Er schrubbt missmutig seine Töne herunter, die ohnehin keiner zu würdigen weiß. Und wenn er mal welche auslässt, ist das auch egal.
Patrick Süskinds Monolog „Der Kontrabass“ ist eines der erfolgreichsten Theaterstücke der vergangenen Jahrzehnte, verfasst noch einige Jahre vor seinem Roman „Das Parfüm“. Dabei ist es kein klassisches Theaterstück, in dem der Protagonist auf der Bühne so tut, als gebe es das Publikum gar nicht.

Im Gegenteil. Der Kontrabassist redet mit dem Publikum, doziert, jammert, klagt an, macht sich darüber lustig, lässt sich von ihm einschüchtern. Was immer schon mal gesagt werden musste – hier wird es gesagt. Nur der leibhaftige Kontrabass in der Mitte der Bühne steht die meiste Zeit über still da, angelehnt an einen Korbsessel. Höhnisch, verletzt, erotisch aufgeladen, altväterlich – je nachdem, was der Kontrabassist so alles von sich gibt.

Verwandlung auf der Bühne

Das Premierenpublikum im Klever XOX-Theater erlebte einen unterhaltsamen Theaterabend mit einem erstaunlich wandlungsfähigen Theatersolisten. Unter der Regie von Wolfgang Paterok führte Michael Schläger den zunehmend tragikomischen Seelen-Striptease vor. Eine bewundernswerte Leistung. Mehr als zwei Stunden lang brachte er das Publikum bald zum Lachen, bald zum Nachdenken. Wild herumfuchtelnd, ruhelos über die Bühne tigernd, dann wieder reglos mit der Bierflasche im Sessel verharrend, schöpfte Michael Schläger ein breites Reservoir an Ausdrucksmöglichkeiten aus. Und während der Kontrabassist sich zunehmend um Kopf und Kragen, um Würde und Vernunft redet, geschieht am Ende eine Verwandlung wie die von Raupe zu Schmetterling.
Der Schauspieler zieht sich auf der Bühne um, tauscht seine schlotternden Klamotten gegen einen Frack. Und auf einmal meint man einen ganz anderen Menschen auf der Bühne zu sehen. So ist Theater: verkleidetet Illusion des Alltagsmenschen.

RP vom 17.10.2007

„Der Kontrabass“ im XOX

von Lena Verfürth

KLEVE. Im XOX-Privattheater ließ Michael Schläger den Kontrabass, so auch der Name des Stücks, À la Süskind erklingen und konnte unter Wolfgang Pateroks Regie ein kurzweiliges Stück auf die Bühne bringen.

In dem schwierigen Ein-Personen-Stück von Patrick Süskind monologisiert Schläger als frustrierter Orchestermusiker über sein durch das „grauenvolle Instrument“ verpfuschtes Leben und seine Schwärmerei für die junge Mezzosopranistin Sarah. Auf den ersten Blick kein sympathischer Zeitgenosse. Michael Schläger gelang es dennoch, der pathologisch missgelaunten Figur Tiefe zu geben, die sie den Zuschauern zugänglich macht. Lustlos betritt der zwischen Verzweiflung, Wut und Resignation schwankende Kontrabassist mit einem Bierchen in der Hand die Bühne und knatscht, lamentiert und doziert. Eine Hassliebe verbindet den Bassisten mit seinem Instrument, das einerseits das unverzichtbare „orchestrale Fundament“ bilde, sich aber solo wie eine Schiffshupe anhöre oder „wie wenn der weiße Hai kommt“.

Außerdem störe es ihn in seiner Wohnung wie ein kranker, quengeliger Mensch, der alles überwache und ihm seine Beziehungen zerstöre. Da helfe es auch nicht, den unliebsamen Bass bei Damenbesuch ins Bad zu sperren, schimpft der verkannte Musiker. Im Orchester der Eitelkeiten ist es „wurscht, was der einzelne spielt“, beklagt sich der vereinsamte Background-Musiker. Nur die Hoffnung, dem Staatsorchester den Rücken zu kehren, und die ungesunde, unerreichbare Liebe zu Sarah geben dem Beamten Halt.

Schläger konnte in seinem langen, arbeitsintensiven Solo, für das er eigens Musikunterricht nehmen musste, seine facettenreiche Figur glaubhaft und nuanciert darstellen. Musikeinspielungen und Exkurse über Komponisten durchbrachen die reine Persönlichkeitsdarstellung. Dem umfangreichen Text folgte ebenso umfangreicher Applaus.